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Storm Blue Matt heisst die Farbe des Riese & Müller Charger3. Das passt heute besonders, denn die vergangene Winternacht war stürmisch und äusserst regnerisch. Die Farbe des Charger3 verschmilzt in den frühen Morgenstunden förmlich mit der Farbpalette des wolkenverhangene Himmels. Doch zum Glück überwiegt schon bald das “Blue” und es wird immer sonniger.
Mein Test e-Bike trägt den etwas sperrigen Namen: Riese & Müller Charger3 GT Vario. Vario steht für die stufenlose enviolo 380 Nabenschaltung mit Riemenantrieb. GT beinhaltet ein Komfort-Paket mit breiter 27,5 Zoll Bereifung, einer hochwertigen Luftfedergabel und bärenstarken Magura MT5 Bremsen am Vorderrad. Die wuchtigen Magura-Griffe scheinen für grosse Männerhände konzipiert zu sein. Das Pedelec verfügt über den 625 Wh Bosch-Akku und ein kompaktes, leistungsstarkes Kiox Display mit vielfältigen Anzeigemöglichkeiten. Als Frontlicht ist die taghelle Supernova Mini 2 Pro verbaut, mit Fernlichtfunktion. Die gewählte Konfiguration beinhaltet ausserdem die GX Option mit den Schwalbe Johnny Watts All-Terrain-Reifen. Diese bieten mir noch mehr Einsatzmöglichkeiten, wie etwas für Touren auf unbefestigten Wegen.
Inhaltsverzeichnis
Für wen ist das Charger3 gemacht?
Die Einsatzmöglichkeiten des Riese & Müller Charger3 scheinen so vielfältig wie die Ausstattungsoptionen. Der Hersteller konzipierte das Charger3 als regelrechten Alleskönner. Es soll ein Commuter e-Bike sein. Einsetzbar für die tägliche Fahrt zur Arbeit, genauso wie ein Lasten-Esel für den Einkauf oder um den Nachwuchs in die Kita zu bringen. Der stabile Gepäckträger mit MIC System ermöglicht eine schnelle Anbringung von Körben und Taschen und ist für eine Zuladungen bis 27,5 kg ausgelegt. Einen Frontgepäckträger gibt es optional.
Selbstverständlich ist das e-Bike auch für sportliche Entdeckungsfahrten ins Grüne am Wochenende oder ausgedehnte e-Trekkingtouren gemacht. Die GX Option mit den leichten Stollenreifen macht es zum All-Terrain-Bike.
Die besondere Stabilität zeigt sich in einer Gewichtsfreigabe von bis zu 160 kg (mit Heavy-Duty Package). Das Charger3 ist somit auch für schwere Menschen prädestiniert. In Rahmengrösse 56 wird es zum XXL Bike, für bis zu 2,05 m grosse Personen. Erhältlich ist das Charger3 GT Vario ab 5.299 €. In der hier vorgestellten Konfiguration kostet es 5.548 €. Schauen wir, wie sich das Charger3 schlägt und ob es die hohen Erwartungen erfüllen kann.
Die Testfahrt im Kaiserstuhl
Auf geht’s! Ich muss sagen, ich freue mich schon seit Tagen wie ein kleines Kind auf diese Testfahrt. Die erste Etappe führt mich auf einem ruhigen Radweg in den alten Winzerort Burkheim im Kaiserstuhl, in der Nähe von Freiburg. Die bekannte Weinbauregion gehört zu den wärmsten Region in Deutschland und liegt mitten im Rheintal, zwischen Schwarzwald und Vogesen. Der Kaiserstuhl hat alles zu bieten, was es für eine anspruchsvolle Testfahrt braucht. Inklusive verschiedener Untergründe und giftiger Anstiege.
Das besondere Fahrgefühl
Ich fahre die ersten Meter in einer angenehmen, moderat sportlichen Sitzposition. Da ist es wieder – sofort spürbar: Dieses Riese & Müller-typische, spezielle Fahrgefühl. Das Charger3 GT Vario sorgt bei mir für ein Déjà-vu Erlebnis. Erinnerungen werden wach an frühere Fahrten mit anderen Modellen des Darmstädter Herstellers, wie dem Supercharger HS, dem Delite, dem Nevo oder auch dem Load 75.
Was zeichnet diese e-Bikes aus? Alle Modelle haben dieses ganz besondere satte Fahrgefühl gemeinsam. Da wackelt nichts, da klappert nichts. Auch das Charger3 GT Vario liegt unglaublich gut auf der Strasse und klebt förmlich auf dem Asphalt.
Riese & Müller steht nicht gerade für filigranen Leichtbau. Wer das e-Bike täglich über Kellertreppen tragen muss, sollte sich daher überlegen, ob er dem gewachsen ist. Die Waage zeigt bei meinem Testrad in Rahmengrösse M stolze 29,1 kg. Kein Wunder, denn die typische Hersteller Formsprache ist wuchtig, kantig und schwer. Der Rahmen wirkt wie aus dem Vollen gefräst. Die Schweissnähte und Anbauteile scheinen gemacht für die Ewigkeit. So entsteht ein e-Bike mit einem absolut verwindungssteifen Rahmen. Dieser bietet mit hochwertigen Komponenten ein Maximum an Komfort. Einfach typisch Riese & Müller!
Kopfsteinpflaster – der Härtetest!
Nun erfolgt der erste Härtetest für das Charger3. Die meisten Besucher kommen nach Burkheim am Kaiserstuhl wegen des pittoresken Ortskerns. Schöne und alte Fachwerkhäuser und gepflasterte Gassen, machen Burkheim zu einem sehr charmanten Pflaster. Apropos Pflaster – ich habe mir diesen Ort absichtlich ausgewählt, wegen der von Radfahrern gefürchteten Kopfsteinpflaster. Der absolute Härtetest also!
Ich biege durch das alte Stadttor ein und das Charger3 GT bügelt das Kopfsteinpflaster glatt als wäre es nichts. Besonders in der GT Variante ist das Charger hier ganz in seinem Element. Die breiten 27,5 Zoll Reifen absorbieren zusammen mit der sensiblen Marzocchi Luftfedergabel sämtliche Erschütterungen auf ein Mindestmass und auch die Cane Creek Sattelstütze federt angenehm und schützt das Gesäss vor groben Schlägen. Wow, ich muss sagen mehr Komfort geht kaum bei einem e-Trekkingbike. Das Charger3 fährt sich hier so laufruhig wie ein gutes e-MTB Hardtail. Es bietet aber in Sachen Sattelfederung und Lenker deutlich mehr Komfort.
enviolo 380 – zweiter Härtetest!
In einem zweiten Härtetest will ich herausfinden, ob sich die stufenlose enviolo 380 Nabenschaltung auch für grössere Steigungen eignet. Die Vorteile einer enviolo Nabenschaltung mit Riemenantrieb sind Wartungsarmut, der geringe Verschleiss und die Schaltbarkeit auch im Stand, etwa bei häufigen Ampelstops in der Stadt. Als Nachteil gilt die vergleichsweise geringe Übersetzungsbandbreite. In der leichtesten Übersetzung legt man mit einer Kurbelumdrehung bereits 2,51 m zurück. Zum Vergleich: bei der zur Wahl stehenden 11-fach Kettenschaltung sind es 2,29 m und bei der Rohloff 14-Gang Nabenschaltung gar 1,74 m. Also ein deutlicher Unterschied!
Aber was bedeuten diese Zahlen in der Praxis? Was ist davon spürbar beim Fahren? Kann man mit einer enviolo einen Pass erklimmen? Die nächsten Kilometer meiner Testfahrt sollen dies klären.
Auf zum Texas-Pass
Die Messlatte aller Rennradfahrer ist der legendäre Texas-Pass. Er liegt mitten im Kaiserstuhl und hat eine Steigung von bis zu 14 %. Im Sommer steht hier förmlich die Luft und es gibt schon mal Temperaturen um die 40 °C. Der frühere „Tour de France“- Sieger Lance Armstrong prägte einst den Namen Texas-Pass mit seiner Aussage, es sei hier „heiss wie in Texas!“.
Heute ist es zwar nicht so heiss wie in Texas, aber die Steigung bleibt. Von Oberbergen aus mache ich mich auf den Weg, erklimme Höhenmeter um Höhenmeter. Zunächst bleibt die Steigung moderat im einstelligen Bereich – kein Problem für die Übersetzung der enviolo. Doch schon bald bauen sich respekteinflössende Serpentinen vor mir auf. Ich drehe den Griff bis auf Anschlag und die lustige orange Silhouette auf dem enviolo-Display, mit der Berglinie und dem Radfahrer, zeigt steil in den Himmel. Abgesehen von der orangen Farbe dürfte meine Silhouette auf dem Charger3 in natura gerade gleich aussehen. Jetzt wird es zäh. Mit jedem Höhenmeter werde ich langsamer, meine Trittfrequenz fällt und der Puls steigt rapide an. Aber zum Glück habe ich noch einen Trumpf im Ärmel: den bärenstarken Bosch Performance Line CX 4.0 Motor.
Der Performance Line CX 4.0 und ich sind alte Freunde
In einigen e-Bikes und e-Mountainbikes, die ich im letzten Jahr gefahren bin, war dieser Motor verbaut. Auf meinen alten Freund von Bosch ist zu 100 % Verlass und er unterstützt kraftvoll mit bis zu 85 Nm, wann immer nötig. Ich schalte von Eco zwei Stufen hoch auf Sport und erklimme in einer angenehmen Trittfrequenz zwischen 70 und 80 die 14 % Steigung am Texas-Pass. Und alles ohne Schnappatmung – auch mein Puls bleibt im grünen Bereich. Fazit: Man kann durchaus mit einer Enviolo Berge erklimmen!
Was mir allerdings persönlich wenig zusagt, ist das schwammige Schaltgefühl der stufenlosen Schaltung. Man dreht irgendwie am Griff und die Übersetzung wird kleiner oder grösser, ist aber nie richtig klar definiert. Als sportlich orientierter Fahrer bevorzuge präzise und klar definierte Schaltvorgänge. Ich möchte mit einem Klick exakt einen Gang höher oder niedriger schalten können. Das Schöne bei Riese & Müller ist, dass man die freie Wahl zwischen einer stufenlosen enviolo, einer 14-Gang Rohloff oder einer herkömmlichen 11-Gang Kettenschaltung hat.
Oben auf dem Texas-Pass angekommen, erwartet mich ein Postkarten-Panorama vom Feinsten. Ich blicke auf die typisch terrassenartig angelegten Weinberge des inneren Kaiserstuhls.
Fahrspass bergab
Die Mühen des Anstiegs werden mit einer der schönsten Abfahrten im Kaiserstuhl belohnt. Das Charger3 GT fährt sich dabei laufruhig und erstaunlich wendig für ein 29 kg schweres Pedelec. Die 27,5 Zoll Laufräder sorgen in Kombination mit einem 68 ° Lenkwinkel für einen nicht zu langen Radstand von 118 cm in Grösse 46. Entsprechend spielerisch lässt sich das e-Bike ohne Nachdruck durch die Serpentinen manövrieren. Die leichten Johnny Watts Stollenreifen laufen wunderbar leise auf Asphalt.
Mit den bissfesten Magura MT5 / MT4 Bremsen setze ich meine Bremspunkte vor den Kurveneingängen maximal spät. Es ist als würde man einen Anker werfen. Spätestens jetzt bekomme ich das Grinsen kaum mehr aus dem Gesicht!
Das macht Lust auf mehr und ich beschliesse zum Ende meiner Testfahrt noch einen Abstecher auf die Mondhalde im Kaiserstuhl zu machen. Einen bekannten Aussichtspunkt im westlichen Kaiserstuhl mit Panoramablick zu den Vogesen. Der Weg dahin führt mich über verschiedene Untergründe durch die Weinberge. Mal sind es mit Gras bewachsene Naturwege, mal Schotterwege, mal asphaltierte Landwirtschaftwege. Alles kein Problem für das Riese & Müller Charger3 GT Vario. Die verbaute GX-Variante mit den All-Terrain-Reifen ist perfekt für Entdeckungstouren jeglicher Art und für alle zu empfehlen, die sich maximale Flexibilität wünschen.
Auf der Mondhalde angekommen, schweift mein Blick weit über das Rheintal bis hin zu den Vogesen und weckt die Reiselust in mir. Ich lasse den Tag und meine Erlebnisse mit dem Riese & Müller Charger3 Revue passieren und beginne in Gedanken schon von meinem nächsten Radabenteuer zu träumen. Riese & Müller bietet für 999 € eine DualBattery-Option, womit sich die Akkukapazität auf unglaubliche 1125 Wh erweitern lässt. Eine ausgedehnte Entdeckungstour ins Elsass und in die Vogesen wäre damit problemlos realisierbar und das passende e-Bike dafür hätte ich ja schon…
Mein besonderer Dank gilt Manfred Schwendemann und den e-Bike Experten von e-motion e- Bike Welt Freiburg Süd, für die Bereitstellung des Testrads.
Du bist auch interessiert an dem Charger3 von dem Premium e-Bike Hersteller Riese & Müller? Dann lass dich in deiner nächstgelegenen e-motion e-Bike Welt von unseren Experten beraten. Vereinbare gleich einen Termin zur Probefahrt!